Der Sommerurlaub steht vor der Tür? Was gibt es zu beachten als Familie mit autistischen Kindern?
Jeder autistische Mensch ist anders – daher gibt es keine allgemein gültigen Tipps für Urlaub mit autistischen Kindern. Ein paar Fragen und Tipps können aber helfen, damit die ganze Familie den Urlaub genießen kann.
Welcher Urlaub tut uns als Familie mit autistischen Kindern gut?
Grundsätzlich ist es aber für die ganze Familie hilfreich zu hinterfragen:
Ist der Urlaub, den wir bisher gemacht haben/gewohnt sind, gesund für uns alle?
- Waren die Eltern hinterher erschöpfter als vorher?
- Waren die Eltern oft genervt oder enttäuscht im Urlaub?
- Hatte das Kind häufig Meltdowns, Erschöpfungszustände, Trauer oder Wut im Urlaub?
Dann ist es sinnvoll, die Art des Urlaubs zu überdenken.
Aber selbst ohne diese Anzeichen, kann es allen helfen, ein paar kleine Anpassungen vorzunehmen, wenn man Urlaub mit autistischen Kinder macht.
Ruhephasen einplanen mit autistischen Kindern
Eine einfache Maßnahme für entspannteren Urlaub mit autistischen Kindern sind Ruhephasen. Auch wenn es viele spannende Sehenswürdigkeiten gibt, hilft hier das Prinzip „weniger ist mehr“.
- Einen Ruhetag nach der Anreise einplanen, um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen
- Eine Liste mit Unternehmungen machen – wem ist was am wichtigsten?
- Unterschiedliche Prioritäten? Vielleicht kann man sich aufteilen.
- Ruhetage oder Ruhenachmittage nach „aufregenden“ Aktivitäten
- Medienzeit als Auszeit erlauben oder andere regulierende Rituale
- Ruhetage nach dem Urlaub einplanen
Vertrautes schaffen im Urlaub als autistische Familie
Ein Urlaub kann für autistische Menschen schnell überfordernd sein. Alles ist anders – anderes Bett, anderes Haus, anderes Klo, anderes Essen, anderer Tagesablauf. Das kann sehr anstrengend sein. Es kann helfen, vertraute „Anker“ zu schaffen. Sie geben Halt und Sicherheit.
- gleiches Reiseziel als Tradition (z.B. immer nach Föhr oder in den Harz)
- Wohnwagen, Wohnmobil oder (Dach-)Zelt – vertraute Umgebung, auch in der Ferne
- vertraute Kuscheltiere, Bücher, Spielsachen
- Rituale beibehalten – z.B. vor dem ins Bett gehen
Und was kann ich tun, wenn wir als Familie etwas neues ausprobieren wollen?
Auch dann ist es möglich, das autistische Kind gut darauf vorzubereiten. Zum Beispiel indem du einen Ordner anlegst für die Reise und mit deinem Kind anguckst. Das könnte in den Ordner kommen:
- Fotos vom Ferienort, der Ferienwohnung usw.
- Eine Landkarte mit der Reise-Route
- Fotos von den Personen, die mitkommen
- Fotos von Sehenswürdigkeiten und möglichen Aktivitäten
- Fotos von regionalen Speisen
Im Internet findet man schnell passende Bilder. Den Ordner kann man sich dann um Vorfeld immer wieder angucken, über Sorgen sprechen und vor allem auch die Vorfreude genießen.
Tagesausflüge statt langer Urlaub als autistische Familie
Für viele autistische Familien können lange Urlaubsreisen zu anstrengend sein. Auch ohne große Reisen kann man die Ferien genießen und ist vielleicht am Ende erholter. Wichtig ist immer die Frage: Was tut uns gut? Was braucht jedes Familienmitglied? Wie können wir allen gerecht werden?
Die Liste an Möglichkeiten ist natürlich unendlich lang und abhängig davon, was es in der Umgebung gibt, wie teuer die Angebote sind und worauf man Lust hat.
- Schwimmbad
- Bücherei
- Museum
- Zelten im Garten
- Übernachtung im Wohnzimmer statt im Schlafzimmer (oder in einer „Höhle“)
- ein Tag am Strand / am See
- Waldspaziergang
- Maislabyrinth
- Barfußpfad
- großer PokemonGo-Tag
- Konzertbesuch (kann für manche zu überreizend sein, an Gehörschutz denken)
- Kino
- Fahrradtour
- Motto-Tage (Piraten-Tag, Ninja-Tag, Feen-Tag, Fußball-Tag…)
- Tierheime und Gnadenhöfe suchen manchmal „Leute zum Tiere streicheln“ (in Kreis Steinburg z.B. LiPaiO bei Kellinghusen)
Auch hier kann es manchmal praktisch sein, sich aufzuteilen. Vielleicht geht eine Hälfte der Familie in die Bücherei, die anderen ins Schwimmbad. Vielleicht bekommt jedes Elternteil einen freien Tag und unternimmt etwas ganz alleine?
Freizeitpark mit autistischen Kindern?
Mit autistischen Kindern in den Freizeitpark? Das klingt für viele erstmal nach keiner guten Idee. Dort ist es oft sehr wuselig, man muss zum Teil lange warten, es ist laut. Das ist alles richtig, trotzdem gibt es viele autistische Kinder und Erwachsene, die sehr gerne in Freizeitparks gehen. Vielen autistischen Menschen helfen bestimmte Bewegungen zum Regulieren und geben ein gutes Gefühl. Drehen, Schaukeln, Springen – wer das liebt, ist häufig auch gerne im Karussel oder in der Achterbahn.
Zusätzlich sind manche Freizeitparks mit Spezialinteressen verknüpft, z.B. durch Disney-Filme (Disneyland) oder Lego-Serien wie Ninjago (Legoland). Im Legoland Dänemark Billund können Familie für autistische Kinder ein Armbändchen beantragen. Damit darf man pro Stunde einmal pro Fahrgeschäft den VIP-Eingang nutzen und muss sich nicht anstellen. Das ist sehr zu empfehlen, weil so viel Frustration vermieden werden kann.
Wichtig zu wissen: Wenn dein Kind dieses Armband bekommt, darf es nur in Begleitung eines Elternteils fahren (selbst wenn es schon groß genug wäre, um alleine zu fahren).